Ein halbes Jahr nach der vollmundigen Ankündigung ist von Donald Trumps gigantischem „Stargate“-KI-Projekt kaum mehr übrig als eine Idee auf dem Papier. Weder wurde mit dem Bau eines Rechenzentrums begonnen, noch ist klar, wo diese entstehen sollen. Dabei hatte der US-Präsident unmittelbar nach seinem Amtsantritt erklärt, mit dem 500 Milliarden US-Dollar schweren Vorhaben die KI-Infrastruktur der Vereinigten Staaten revolutionieren zu wollen. Das Projekt sollte Zehntausende Jobs schaffen – doch bislang herrscht Stillstand.
Musk warnte früh – und behält recht
Bereits kurz nach der Ankündigung hatte Elon Musk Zweifel geäußert. In einem vielbeachteten Tweet schrieb er: „Sie haben derzeit gar nicht das Geld dafür.“ Vor allem Softbank, als zentraler Geldgeber eingeplant, verfügte laut Musk im Januar 2025 über gerade einmal zehn Milliarden Dollar – ein Bruchteil der benötigten Summe. Die Kritik wurde zunächst als Angriff eines OpenAI-Rivalen abgetan. Doch sechs Monate später bestätigen sich die Warnungen.
Laut einem Bericht des Wall Street Journal wurde bislang kein einziger Vertrag für ein neues KI-Rechenzentrum abgeschlossen. Auch zwischen OpenAI und Softbank gebe es offenbar keine Einigung über mögliche Standorte. Offiziell heißt es von OpenAI, man arbeite „mit Hochdruck an Standortbewertungen“ und entwickle „neue Konzepte für Rechenzentren“. Die Realität sieht jedoch mager aus.
KI-Rüstungswettlauf – USA drohen zurückzufallen
Das Scheitern von Stargate könnte über ein einzelnes Infrastrukturprojekt hinausgehen. Während Tech-Giganten wie Meta, Microsoft und Amazon weiter massiv in eigene KI-Zentren investieren – allein Meta plant Investitionen von über 60 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr –, droht die US-Regierung mit ihrem Prestigeprojekt den Anschluss im globalen KI-Wettlauf zu verlieren. China wiederum treibt seine KI-Offensive staatlich gestützt voran und will mit nationalen Superrechnern und Subventionen technologisch unabhängig werden.
Dabei wollte Trump mit Stargate nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern geopolitisch Zeichen setzen. Das Projekt ist eng verknüpft mit dem „America’s AI Action Plan“, den das Weiße Haus im Juli vorgestellt hat. Darin geht es um Deregulierung, massive Energieausweitung und technologische Souveränität. Doch auch hier zeigen sich Schwächen: Stromnetze geraten bereits jetzt an ihre Belastungsgrenzen, besonders in Bundesstaaten wie Ohio, wo erste KI-Farmen ans Netz gehen.
Mini-Rechenzentrum als letzter Hoffnungsschimmer
Immerhin: Laut Insiderinformationen soll bis Ende 2025 ein erstes Mini-Rechenzentrum im Bundesstaat Ohio in Betrieb gehen – allerdings ohne Beteiligung von Softbank. OpenAI finanziert das Zentrum eigenständig und nutzt trotzdem das Stargate-Label. Ob dieser symbolische Schritt reicht, um das Vertrauen von Investoren und der Öffentlichkeit wiederzugewinnen, ist fraglich.
Denn eines ist klar: Bleiben konkrete Fortschritte weiter aus, droht Stargate zum Symbol für politische Größenwahn und gescheiterte Industriepolitik zu werden. Elon Musk könnte sich dann als unbequemer Mahner bestätigt sehen – und Trumps ambitioniertes KI-Versprechen als leeres Wahlkampfversprechen in Erinnerung bleiben.