Millionen Chatverläufe ausgewertet: Die Datengrundlage der Studie
Am 15. September 2025 veröffentlichte OpenAI gemeinsam mit dem Harvard-Ökonomen David J. Deming die bislang umfassendste Analyse zur Nutzung von ChatGPT. Ausgewertet wurden rund 1,5 Millionen echte Chatverläufe aus einem Zeitraum von Mai 2024 bis Juni 2025. Die Analyse erfolgte automatisiert – ohne dass Inhalte von Menschen gelesen wurden. Stattdessen nutzten die Forscher Sprachmodelle zur Klassifikation. Berücksichtigt wurden nur reguläre Consumer-Accounts (Free, Plus, Pro). Minderjährige, gelöschte und gesperrte Konten sowie Opt-outs blieben außen vor. Genehmigt wurde die Methodik von der Ethikkommission der Harvard-Universität.
Ein wichtiger Hinweis: Demografische Angaben wurden nicht frei erfunden, sondern über Vornamenklassifikation (Geschlecht) sowie freiwillige Altersangaben im Account-Profil (für einen Teil der Nutzer) bestimmt. Namen, die keine eindeutige Zuordnung erlauben, flossen nicht in die Auswertung ein. Trotz gewisser Unschärfen entsteht ein präzises Bild: ChatGPT hat sich in kurzer Zeit tief im Alltag vieler Menschen verankert, nicht nur in den USA, sondern weltweit. Die Ergebnisse liefern erstmals belastbare Zahlen dazu, wie, wo und wofür der KI-Chatbot tatsächlich verwendet wird.
Junge Menschen, mehr Frauen
Die Studie zeigt: Die Nutzerbasis von ChatGPT hat sich in den letzten zwei Jahren deutlich verändert. 2022 lag der Anteil männlicher Namen bei bis zu 80 Prozent. Heute sind es nur noch knapp 48 Prozent. Mittlerweile überwiegt der weibliche Anteil leicht, auch wenn nicht alle Vornamen eindeutig zugeordnet werden konnten. Ein klarer Trend: ChatGPT wird vielfältiger genutzt, von mehr Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen.
Besonders stark vertreten sind junge Erwachsene. Rund die Hälfte aller Chatverläufe stammt von Nutzern im Alter zwischen 18 und 25 Jahren. Diese Gruppe nutzt ChatGPT vor allem im privaten Alltag – etwa zur Orientierung, für Texte oder bei Fragen rund um Studium, Freizeit und persönliche Themen. Überrascht hat viele Beobachter vor allem das rasante Wachstum in einkommensschwächeren Ländern. Dort verbreitet sich der Chatbot mehr als viermal so schnell wie in Industrieländern. ChatGPT wird damit zu einem neuen digitalen Zugangstor, in Regionen, in denen klassische Bildung und Informationsangebote oft fehlen.
Seit 2024 dominiert die private Nutzung – mit deutlichem Abstand
Noch Mitte 2024 hielten sich private und berufliche Nutzung von ChatGPT die Waage. Doch seither hat sich das Verhältnis deutlich verschoben. Im Juni 2025 waren bereits 73 Prozent aller Chatverläufe privater Natur. Nur noch knapp ein Drittel der Nutzung findet im beruflichen Kontext statt. Die Art der Fragen hat sich entsprechend verändert: Statt Excel-Formeln oder Projektkonzepten geht es häufiger um Kochrezepte, Gesundheitstipps oder einfache Alltagsfragen.
Auffällig ist jedoch: In beruflichen Zusammenhängen überwiegen weiterhin Aufgabenlösungen („Doing“). Hier geht es weniger um Nachfragen, sondern um die direkte Bearbeitung von Aufgaben – etwa Textoptimierung, Recherche oder Datenverarbeitung. Insgesamt zeigt sich: ChatGPT wird heute deutlich breiter eingesetzt als früher – und ist in vielen Haushalten längst ein digitales Hilfsmittel für den Alltag.
Drei Hauptbereiche: Anleitung, Schreiben, Suche
Die Auswertung der Inhalte zeigt: ChatGPT wird vor allem für praktische Anleitung (~29 Prozent), Schreiben (~24 Prozent, zuvor ~36 Prozent) sowie Informationssuche (~24 Prozent, zuvor ~14 Prozent) genutzt. Gerade Letzteres hat im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugelegt. Immer mehr Nutzer sehen in ChatGPT eine Alternative zur klassischen Suchmaschine – mit dem Vorteil, dass die Antworten meist kompakt, individuell formuliert und sofort verständlich sind.
Weitere Kategorien wie technische Hilfe, (~5 Prozent, zuvor ~12 Prozent) die Analyse von Medieninhalten (6 Prozent), oder Selbstdarstellung (4 Prozent) spielen eine untergeordnete Rolle. Die Programmierung, einst ein zentrales Einsatzfeld, macht nur noch 4,2 Prozent aus. Fragen zu Beziehungen, persönlicher Reflexion oder Rollenspielen bewegen sich unter 2 Prozent. Insgesamt geht es bei der Nutzung vor allem darum, konkrete Herausforderungen schnell zu lösen – sei es per Schritt-für-Schritt-Anleitung oder durch Formulierungshilfe bei schwierigen Themen.
Was bedeutet das für Medien, Bildung und Wirtschaft?
Die Zahlen machen deutlich: ChatGPT ist längst kein Trend mehr, sondern ein alltägliches Werkzeug, das von Millionen Menschen regelmäßig genutzt wird. Im Juli 2025 verzeichnete OpenAI rund 700 Millionen wöchentliche Nutzer. Die Zahl der Nachrichten liegt im Milliardenbereich – pro Woche. Dieser Wandel hat Folgen: Für Medienhäuser bedeutet das, Inhalte so zu strukturieren, dass sie maschinenlesbar und leicht durch KI nutzbar sind. Klare Definitionen, gut zitierbare Abschnitte und strukturierte FAQs sind heute wichtiger denn je.
Auch für Unternehmen stellt sich die Frage, wie der Chatbot sinnvoll in Arbeitsprozesse integriert werden kann. In vielen Branchen lassen sich Standardprozesse durch Promptrichtlinien, Vorlagen und klare Datenschutzregeln effizienter gestalten. Für staatliche Stellen und Hilfsorganisationen wiederum bietet sich die Chance, mit einfachen Chat-Schnittstellen niedrigschwellige Informationsangebote zu machen – gerade in Ländern mit schwacher Infrastruktur. ChatGPT könnte so zur Plattform für globale Wissensvermittlung werden.
Fazit: Alltagstool statt Expertensystem
Die OpenAI-Studie liefert erstmals eine belastbare, datengestützte Antwort auf die Frage, wie ChatGPT wirklich genutzt wird. Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache: Der Bot ist längst kein Spezialwerkzeug für Tech-Interessierte mehr. Er ist zu einem digitalen Alltagshelfer geworden, der vor allem privat genutzt wird – von einer jüngeren, vielfältigeren und zunehmend globalen Nutzergruppe. Wer heute Informationen bereitstellt oder digitale Dienste plant, sollte diese Entwicklung ernst nehmen – und KI-gestützte Nutzungsmuster in Strategie, Design und Kommunikation aktiv mitdenken.
Quellen:









